Abstract. Wir alle wehren die Wahrnehmung der Klimakrise mehr oder weniger ab. Es wird gezeigt, dass die Angst vor dem Hinsehen (die innere Realität) zu tun hat mit der seit Jahrzehnten größer werdenden Individualisierung, mit Entfremdung und Beschleunigung (äußere Realität), und wie sich äußere und innere Realität verzahnen und gegenseitig dynamisieren. Neoliberale Denkstrukturen, die vor 40 Jahren Einzug hielten, haben einen Exzeptionalismus in uns bewirkt, in dem wir uns für berechtigt halten, uns alles »zu nehmen«, und Grenzen, Einschränkung und Verzicht zu brandmarken als arbeitsplatzgefährdend. Der Glaube an grenzenloses Wachstum sowie eine sich auf alles ausweitende Kommodifizierung prägen seither unsere Abwehrorganisation in spezifischer Weise. So gibt es im Zusammenhang mit der Implantierung von neoklassischen Arbeits- und Organisationsstrukturen einen enormen Selbstoptimierungsdruck, in dem unser Denken sehr kurzfristig geworden ist und wir nur noch in Quartalen denken können. Solidarisches Denken und Handeln ist uns eher fremd geworden, und das Ich-Ideal hat das Über-Ich in weiten Teilen ersetzt. Die Abwehrmaßnahmen, derer sich das Seelische bedient, sind geprägt von solchen Strukturen, die das Seelische invadiert haben. Anhand konkreter Beispiele wird beschrieben, welche Abwehrmechanismen bewirken, dass wir sehen und doch nicht sehen, und was diese Formen der Verleugnung so stabil macht.