Klimaschutz-Ausreden
Mit welchen Argumentationsmustern Klimaschutz verzögert wird
von Sebastian Levi, Finn Müller-Hansen, William F. Lamb, Giulio Mattioli, J. Timmons Roberts, Stuart Capstick, Felix Creutzig, Jan C. Minx, Trevor Culhane & Julia K. Steinberger
Abstract. Die politische Diskussion über notwendigen Klimaschutz ist oft geprägt von Argumenten, welche die Umsetzung ambitionierter Maßnahmen blockieren oder herauszögern. Diese »Klimaschutz-Ausreden « akzeptieren zwar die Realität des menschengemachten Klimawandels, aber untergraben den akuten Handlungsbedarf. Dabei wird Verantwortung auf andere abgeschoben oder die Nachteile der Energiewende werden überbetont. Andere Klimaschutz-Ausreden versuchen durch ineffektiven Aktionismus von grundlegendem Wandel abzulenken oder wecken gar Zweifel, ob die Klimakrise überhaupt noch abzuwenden sei. In diesem Beitrag präsentieren wir eine Typologie der zwölf gängigsten Klimaschutz-Ausreden. Dies soll dabei helfen, diese Argumentationsmuster zukünftig einfacher zu erkennen und sie effektiver zu entkräften.
In einfachen Worten. Manche Menschen versuchen, Klimapolitik zu verhindern. Sie nutzen dafür bestimmte Argumente gegen starke Klimapolitik. Sie meinen zum Beispiel, dass Klimaschutz zu teuer ist. Oder sie fordern, dass erst andere Klimapolitik machen sollen, bevor sie selbst etwas tun wollen. Wieder andere glauben nicht, dass wir den Klimawandel noch aufhalten können. Oder sie wollen nur ganz wenig für den Klimaschutz tun. In diesem Text stellen wir zwölf von diesen Klimaschutz-Ausreden vor. Außerdem entwickeln wir Kategorien, in die diese Ausreden passen. Damit wollen wir helfen, diese Ausreden besser zu erkennen.

Dieser Beitrag basiert auf dem englischsprachigen Forschungsartikel »Discourses of Climate Delay« (Lamb et al., 2020), den das AutorInnen-Team im Jahr 2020 in der Fachzeitschrift Global Sustainability veröffentlicht hat. Der englischsprachige Online-Anhang mit methodischen Hintergrundinformationen, weiteren Details zu den einzelnen Argumentationsmustern und einer Vielzahl von empirischen Beispielen kann hier abgerufen werden: https://doi.org/10.1017/sus.2020.13 (»Supplementary materials«).
Sebastian Levi ist Wissenschaftler am Sustainability Center der Hertie School, wo er schwerpunktmäßig zu Klimapolitik und der Rolle von öffentlicher Meinung forscht.
William F. Lamb und Finn-Müller Hansen sind Wissenschaftler in der Gruppe »Angewandte Nachhaltigkeitsforschung« am Mercator Research Institute on Global Commons und Climate Change (MCC), die von Jan Minx geleitet wird. Dort untersuchen sie wissenschaftliche, öffentliche und politische Diskurse über die Energiewende, oft unter Anwendung von Methoden des maschinellen Lernens und bibliometrischer Analysen.
Felix Creutzig leitet die Arbeitsgruppe Landnutzung, Infrastruktur und Transport am MCC, war Leitautor im Fünften IPCC-Sachstandsbericht und unterrichtet an der Technischen Universität Berlin »Climate Change and Infrastructure«.
Giulio Mattioli ist Wissenschaftlicher Mitarbeiter am Fachgebiet Verkehrswesen und Verkehrsplanung an der Technischen Universität Dortmund, wo er zu Auto-Abhängigkeit und »carbon lock-in« im Verkehrssektor sowie zur Mobilitäts- und Energiearmut forscht.
J. Timmons Roberts ist Ittleson Professor of Environmental Studies and Sociology an der Brown University. Davor leitete er den Bereich Umweltwissenschaften und Umweltpolitik an der Brown University, dem College of William and Mary und der Tulane University und war Professor am Environmental Change Institute der University of Oxford.
Trevor Culhane ist wissenschaftlicher Mitarbeiter an dem von Timmons Robert geleiteten Climate and Development Lab der Brown University.
Julia K. Steinberger ist Professor of Social Ecology & Ecological Economics an der Universität Leeds. Dort unterrichtet sie Umweltökonomie und erforscht schwerpunktmäßig den Zusammenhang zwischen Ressourcennutzung und gesellschaftlichem Wohlstand.
Stuart Capstick ist Wissenschaftler an der School of Psychology der Cardiff University, wo er erforscht, wie Menschen über Klimawandel denken.