Pressemitteilung Psychologists & Psychotherapists for Future zum ARD-Jahresrückblick 2020
Sehr geehrte Journalist*innen, sehr geehrte Redakteur*innen des ARD Fernsehstudios,
wir (Psychologists & Psychotherapists for Future* – Psy4F) haben am 19.12. Ihren ARD-Jahresrückblick 2020 gesehen. Es fängt verheißungsvoll an: „Als die Welt das Neue Jahr feiert, ahnt noch niemand, wie einschneidend es sein wird. 2020 hat uns viel abverlangt. Unser Miteinander auf die Probe gestellt: Jahresrückblick 2020“. Und tatsächlich werden lebendig die Themen des Jahres aufgegriffen und anhand von Einzelschicksalen einfühlsam vertieft.
So spricht Liu Pei’en aus dem chinesischen Wuhan über den vielleicht vermeidbaren Tod seines Vaters. Intensivschwester Barbara aus dem oberpfälzischen Weiden beschreibt ihre Arbeit auf der Intensivstation bis zum Tod ihres Corona-Patienten. In Markneukirchen fürchten Instrumentenbauer um ihr traditionelles Handwerk. Der Präsident des Robert-Koch-Instituts, Lothar Wieler, spricht eindrückliche Worte. Der gewaltsame Tod des George Floyd und die Black Lifes Matter Bewegung finden Gehör.
Als Psy4F stellen wir uns hinter die Ziele der Fridays-for-future-Bewegung und bringen unsere Expertise in den Diskurs ein. Gerade 2020 war erneut ein besonderes „Klimajahr“, die Folgen spüren wir bereits deutlich, auch und gerade in Deutschland – in SWR aktuell wurde dies in unter 60 Sekunden zusammengefasst am 17.11.2020: das Waldsterben in Deutschland beschleunigte sich, es gab riesige Waldbrände in Kalifornien, in Sibirien und in Australien. Der Amazonas-Regenwald wurde so stark abgeholzt wie noch nie. Das Grönländische Eis und die Permafrostböden schmelzen unaufhaltsam. Wir sind bereits jetzt bei einer Erderhitzung von 1,2° angekommen.
Gleichzeitig jährte sich das Pariser-Klimaabkommen zum 5. Mal und es ist mehrfach deutlich geworden, dass mit den jetzigen Maßnahmen das Ziel, die Erderhitzung auf 1,5° zu begrenzen, nicht erreicht werden kann, trotz aller Rhetorik, allen Versprechungen, aller kleinen Schritte, die gegangen und als Meilensteine kommuniziert werden.
Die Klimakrise schreitet unaufhörlich vorwärts und es werden in Zukunft nicht nur mehr Naturkatastrophen sein; weite Landstriche werden nicht mehr bewohnbar sein. Neben körperlichen Erkrankungen wie Asthma, Krebs und kardiovaskulären Erkrankungen werden auch psychische Erkrankungen wie Depressionen und Angststörungen stark zunehmen. Die Millionen Klimageflüchteter werden soziale Unruhen und Kriege zur Folge haben.
Natürlich hat die Corona-Pandemie 2020 besonders stark geprägt und sicher ist diese gefühlt im Moment aktueller als die Klimakrise. Aber genau das ist das Problem: die Klimakrise ist nicht weniger wichtig, sie wartet nicht auf das Ende der Corona-Pandemie, bis wir mal wieder Zeit dafür haben uns mit ihr zu beschäftigen. In der studioM-Monitor-Sendung vom 26.11.2020 wurde bereits benannt, wie die Lösungen für die Corona-Pandemie für die Bewältigung der Klimakrise genutzt werden könnten und wie wir bisher versagen.
Hier brauchen wir Sie als Journalist*innen – so wie bei anderen unangenehmen Themen, die wir sonst verdrängen.
Die Journalistin Sara Schumann wies erst im September diesen Jahres in einem offenen Brief darauf hin, dass noch „zu wenige“ Journalist*innen „sich bewusst“ sind, „wie sehr diese Krise unsere eigene Zukunft konkret und unmittelbar bedroht“.
Anders als die meisten Bürger*innen, haben Sie die Möglichkeit, Dinge zu benennen, zu erklären, voranzutreiben, zu verändern, damit die Klimakrise in ihren schlimmsten Auswirkungen abgemildert wird. Dafür ist es unabdingbar, klar zu benennen, wie schlimm es mit der Klimakrise steht; es ist für den gesellschaftlichen Diskurs und die politische Ausrichtung notwendig, dass Sie berichten, wie es aussieht und wie es aussehen wird in 10, 20, spätestens in 30 Jahren, wenn nicht jetzt und sofort Maßnahmen ergriffen werden.
Der Großteil der Bevölkerung zeigt sich berechtigter Weise bereits besorgt über die Klimakrise, aber die Schritte reichen bisher nicht und die Folgen sind bereits akut – wie es z.B. nano auf ARD Alpha am 08.12. klarstellte. Berichten Sie darüber – und vor allem zeigen Sie konkrete Handlungsmöglichkeiten für Ihr Publikum auf! Helfen Sie, die kollektive Hilflosigkeit und Untätigkeit zu durchbrechen, damit wir noch eine Chance haben, die größten katastrophalen Folgen der Klimakrise abzuwenden.
So wie es gelungen ist, einen Großteil der Bevölkerung aufzuklären und die berechtigte Angst vor der Corona-Pandemie zu wecken, so braucht es auch das Bewusstsein und die Angst vor der Klimakrise, um uns alle zum Handeln zu motivieren.
Der Rückhalt in der Bevölkerung ist dazu in Umfragen sehr hoch (siehe z.B. DBU, 2020 Link: https://www.dbu.de/2985ibook82907_38647_.html)
Deshalb bitten wir sie, dass auch in einem Jahresrückblick, insbesondere eines öffentlich-rechtlichen Senders, die Klimakrise und ihre aktuellen Auswirkungen und zukünftigen Folgen klar benannt und entsprechende Handlungsschritte aufgezeigt werden. Wir, alle Menschen in Deutschland, brauchen Sie, damit wir nicht vergessen und verdrängen, wie es ja auch z.B. in der Sendung von buten & binnen vom 6.12.2020 angesprochen wurde.
Wir würden Sie entsprechend bitten, mehr und breiter in allen Formaten über die Klimakrise und die Bewältigungsmöglichkeiten zu berichten!
Mit freundlichen Grüßen,
Bianca Rodenstein, Verena Kantrowitsch, Georg Adelmann, Anita Habel, Monika Krimmer und Katharina van Bronswijk
für die Psychologists & Psychotherapists for Future Deutschland
* Psy4F: Wir als Psycholog*innen und Psychotherapeut*innen sehen uns ebenfalls in der Verantwortung, mit unserer Expertise einen Beitrag zur Bewältigung dieser gewaltigen Herausforderungen zu leisten.
So forschen bereits seit vielen Jahren diverse internationale psychologische und medizinische Fakultäten an den Zusammenhängen zwischen Klimawandel und Psychologie / Psychotherapie. Zu den relevanten Fragestellungen gehören z.B. der Umgang mit Verdrängung und Verleugnung, die Ermutigung zu Verhaltensänderungen oder die Bewältigung psychischer Belastungen sowie adäquate Klimakommunikation. Wir tragen diese Expertise zusammen und unterstützen Aktivisti und andere relevante Gruppen.
www.psychologistsforfuture.org